Zur Homepage von Johann Lauer
Tradition und Fortschritt verbinden


 


Schaubilder: Methodologie praktischer Wissenschaften


1. Schaubild: Statisch-geschlossene versus dynamisch-offene Wissenschaftskonzeptionen
 
2. Schaubild: Die zehn methodologischen Ebenen wissenschaftlicher Diskurse
 
3. Schaubild: Methodologischer Reduktionismus versus methodologischer Pluralismus
 
4. Schaubild: Struktureller Unterschied zwischen empirischen und praktischen Werkzeugtypen, Wissensformen sowie Wissenschaften
 
5. Schaubild: Wissen versus Können, Theorie versus Praxis
 
6. Schaubild: Empirische (deskriptive, explanative und prognostische) Wissenschaft
 
7. Schaubild: Praktische (normative, pragmatische und technische) Wissenschaft
 
 
   

Metaseiten

Startseite
Einleitung
Zusammenfassung
Ausblick

Inhaltsverzeichnis
Schaubilder
Literaturverzeichnis

Inhalte

Grundlagen
Ebenen
Pluralismus
Unterschiede
 
 

 

Seitenanfang 1. Schaubild: Statisch-geschlossene versus dynamisch-offene Wissenschaftskonzeptionen
Nr. Elemente statisch-geschlossener Wissenschaftskonzeptionen Elemente dynamisch-offener Wissenschaftskonzeptionen
 1. Allgemeingültige Maßstäbe, einheitliche Methodologie, eine Wissenschaft, eine Methodologie, ein theoretisches Paradigma. Methodologischer Pluralismus, Verfeinerung existierender und Erstellung neuer Methodologien.
Grenzen und Möglichkeiten wissenschaftstheoretischer Grundlagen und wissenschaftlicher Werkzeuge werden neu vermessen und dauernd weiterentwickelt.
 2. Vorgehensweise: Assoziativ, persuasiv, agitativ, synoptisch-integrativ. Vorgehensweise: Argumentativ, kritisch, stringent, selbstreflexiv, systematisch.
 3. Entdifferenzierung, Holismus, Totalität. Differenzierung, Professionalisierung, Spezialisierung.
 4. Historische Gesetze, teleologisches Geschichtsverständnis (Heilserwartungen und historische Gesetze), ewigliche, unveränderliche Ordnungen. Ablehnung von historischen Gesetzen und teleologischen Geschichtsphilosophien.
 5. Normativ-statisches Verhältnis zur Sprache. Konstruktivistisches, nominalistisches Verhältnis zur Sprache, Grenzen und Möglichkeiten von sprachlichen und logischen Werkzeugen werden dauernd überprüft und weiterentwickelt.
 6. Absolute Wahrheitssuche, Certismus (Gewissheitsstreben, Suche nach dem archimedischen Punkt, z.B. cogito, ergo sum). Wenn-dann-Struktur wissenschaftlicher Sätze, damit ist keine Relativität des Anspruches verbunden, da die Beziehung zwischen Voraussetzung und Folge einen absoluten Wahrheitsanspruch enthält (es geht um Erkenntnisse von Sachverhalten unter Voraussetzungen).
 7. Keine Sein-Sollen-Unterscheidung. Unterscheidung zwischen Sein und Sollen.
 8. Geschlossenes Weltbild, Ideologie, Weltanschauung. Mit wissenschaftlichen Werkzeugen wird Wissen generiert, das wissenschaftstheoretischen Grundlagen (Grenzen, Kriterien und Eigenschaften wissenschaftlicher Diskurse) genügt. Wissen wird dauernd überarbeitet, weiterentwickelt oder verworfen.
 9. Identität von Staat und Gesellschaft. Unterscheidung zwischen Staat und Gesellschaft  sowie den unterschiedlichen Teilsystemen: Recht, Politik, Kultur, Wirtschaft.
10. Absolute Werte. Demokratische Verfahren, Vertragstheorien, Verfassungsstaat, demokratischer Rechtsstaat.
Details siehe 2. Kapitel: Wissenschaftstheoretische Grundlagen: Partizipative Wissenschaftsmethodologie, methodologischer Konstruktivismus und dynamisch-offene Wissenschaftskonzeption.

 

Seitenanfang 2. Schaubild: Die zehn methodologischen Ebenen wissenschaftlicher Diskurse
2.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen:

Aufgaben, Kriterien und Eigenschaften wissenschaftlicher Diskurse

2.1.1 Aufgaben und Grenzen wissenschaftlicher Diskurse

 

Aufgaben
  1. Aufgaben und Ziele
  2. Gegenstandsbereich
  3. Wissensform

Grenzen

A. Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch (SvW)
B. Unvollständigkeitstheorem
C. Grenzen empirischer Bestätigung und empirischer Widerlegung
D. Falsifizierbarkeit
E. Methodologische Inkommensurabilität
F. Unmöglichkeitstheorem

G. Prima-facie-Eigenschaft von Normen
H. Aporien praktischer Vernunft
I. Wenn-dann-Struktur rationalen Wissens

2.1.2 Kriterien wissenschaftlicher Diskurse: Rationalitätspostulate - minimale Anforderungen an alle Wissenschaften A. Intersubjektivität (Transsubjektivität)
B.
Objektivität
C.
Reliabilität
D.
Validität
2.1.3 Eigenschaften wissenschaftlicher Diskurse A. Wahrheit
B. Gültigkeit (Richtigkeit) und Gerechtigkeit
C. Klugheit und Wünschbarkeit
D. Effektivität
2.2 Wissenschaftliche Werkzeuge 2.2.1 Begriffsebene Wissenschaftliche Begriffe.
2.2.2 Satzebene Wissenschaftliche Sätze (Aussagen, Normen oder Regeln).
2.2.3 Theorieebene Wissenschaftliche Theorien.
2.2.4 Logikebene Formale Schlüsse und Schlussregeln bezogen auf wissenschaftliche Begriffe und wissenschaftliche Sätze.
2.2.5 Argumentationsebene Argumentationsweisen wissenschaftlicher Theorien bzw. logische Struktur wissenschaftlicher Argumente.
2.2.6 Methodenebene Wissenschaftliche Ermittlung von Sachverhalten.
2.2.7 Ebene der methodischen Ansätze Wissenschaftliche Generierung von Theorien.
Details siehe 3. Kapitel: Die zehn methodologischen Ebenen wissenschaftlicher Diskurse.

 

Seitenanfang 3. Schaubild: Methodologischer Reduktionismus versus methodologischer Pluralismus
  3.1 Methodologischer Reduktionismus 3.2 Methodologischer Pluralismus
3.1.1 Begriffsebene Reduktion normativer auf empirische Begriffe oder Verbannung normativer Begriffe aus dem wissenschaftlichen Diskurs. Empirische und normative Begriffe unterscheiden sich grundlegend voneinander. Normative Begriffe können nicht auf empirische Begriffe reduziert werden.
3.1.2 Satzebene Reduktion von Normen auf Aussagen oder Verbannung von Normen aus dem wissenschaftlichen Diskurs. Nur wahrheitsdefinite Aussagen werden akzeptiert. Es gibt einen strukturellen Unterschied zwischen Aussagen, Normen und Regeln. Normen und Regeln können nicht auf  (empirische) Aussagen reduziert werden.
3.1.3 Theorieebene Praktisch-normative Diskurse und damit auch praktische Theorien werden als unwissenschaftlich abgelehnt, soweit diese nicht mit einer empirischen Methodologie bearbeitet werden können. Wissenschaftliche Theorien bestehen aus Aussagensystemen, Normierungen oder Regulierungen, also nicht nur aus Aussagen-, sondern auch aus genuin praktischen Normierungs- und Regulierungssystemen.
3.1.4 Logikebene Reduktion aller formalen Analysen normativer Diskurse auf die deontische Logik, eine Variante der Modallogik. Auf der Logikebene wurden die meisten Argumente gegen einen methodologischen Reduktionismus vorgebracht, die Argumente in historischer Reihenfolge:
  1. Humes-Sein-Sollen-Dichotomie,
  2. Naturalistische Fehlschluss,
  3. Deontische Logik (Sein-Sollen-Logik) versus Normenlogik (Tun-Sollen-Logik),
  4. Sein-Sollen-Dichotomie logisch betrachtet,
  5. Brückenprinzipien.
3.1.5 Argumentationsebene Reduktionistische Argumentationsweisen:
  1. Äquivalenz zwischen Kausalität und Handlung,
  2. theoretische und angewandte Wissenschaften,
  3. Sein-Sollen-Verhältnis
  4. Erklären-Verstehen-Debatte,
  5. Bevorzugung deduktiver Argumentationsweisen,
  6. Ein Abgrenzungskriterium .
Kritik reduktionistischer Argumentationsweisen bzw. Argumente für pluralistische Argumentationsweisen:
  1. Keine Äquivalenz zwischen Kausalität und Handlung,
  2. empirische und praktische statt theoretische und angewandte Wissenschaften,
  3. Sein-Sollen-Verhältnis bzw. Wertproblematik: Normen können mit empirischen Werkzeugen nicht begründet werden,
  4. Komplementarität zwischen Erklären und Verstehen,
  5. Vielzahl prinzipiell unterschiedlicher Argumentationsweisen,
  6. zehn methodologische Ebenen der Evaluation statt eines Abgrenzungskriteriums.
3.1.6 Eigenschaften wissenschaftlicher Diskurse Wissenschaft begründet nur wahrheitsdefinite Aussagen, d.h., Aussagen sind entweder wahr oder falsch.

 

Da Normen und Regeln nicht wahrheitsdefinit sind (vgl. Jørgensen-Dilemma), können diese nicht auf normative Aussagen reduziert werden.

Wahrheit ist nicht die einzige Eigenschaft wissenschaftlicher Erörterungen. Wissenschaftliche Diskurse haben folgende regulativen Ideen bzw. in wissenschaftliche Diskurses können folgende Eigenschaften ermittelt werden:

  1. Wahrheit ist die regulative Idee analytischer und empirischer (diskursiver, explanativer und prognostischer) Diskurse. Aussagen sind entweder wahr oder falsch.
  2. Gültigkeit und Gerechtigkeit sind die regulativen Ideen normativer Diskurse, innerhalb deren die Prädikate richtig oder falsch bzw. gerecht oder ungerecht verwendet werden, Richtigkeit für den Diskurs innerhalb der Ethik auf der Individualebene und Gerechtigkeit für den politisch-normativen Diskurs.
  3. Klugheit und Wünschbarkeit sind die regulativen Ideen pragmatischer Diskurse, innerhalb deren die Prädikate klug oder unklug wünschenswert bzw. unerwünscht gebraucht werden.
  4. Effektivität ist die regulative Idee technischer Diskurse, hier werden die Eigenschaften effektiv und uneffektiv verwendet (vgl. 4.3.6 Eigenschaften wissenschaftlicher Diskurse).
Details siehe 4. Kapitel: Methodologischer Reduktionismus wissenschaftstheoretischer Neoplatonismus) versus methodologischer Pluralismus (wissenschaftstheoretischer Neoaristotelismus).
 

 

Seitenanfang  4. Schaubild: Struktureller Unterschied zwischen empirischen und praktischen Werkzeugtypen, Wissensformen sowie Wissenschaften 
Auf neun von zehn methodologischen Ebenen (auf der Ebene der Begriffe, Sätze, Theorien, Logiken, Argumentationsweisen, Methoden, methodischen Ansätzen, Aufgaben und Eigenschaften wissenschaftlicher Diskurse) wurden grundsätzliche Differenzen zwischen empirischen und praktischen Werkzeugen festgestellt, die es rechtfertigen, zwischen verschiedenen Werkzeugtypen zu differenzieren. Aufgrund der zentralen Bedeutung wissenschaftlicher Methodologie begründen verschiedene Werkzeugtypen auch einen strukturellen Unterschied zwischen empirischem und praktischem Wissen sowie empirischen und praktischen Wissenschaften.
Werkzeugstypen empirische Werkzeugstypen praktische Werkzeugstypen
Wissenschaftstypen empirische Wissenschaften praktische Wissenschaften
Wissensformen empirisches (deskriptives, explanatives und prognostisches) Wissen praktisches (normatives, pragmatisches und technisches) Wissen
1. Begriffsebene quantitative bzw. metrische Begriffe qualitative bzw. klassifikatorische Begriffe praktische (normative, pragmatische und technische) Begriffe
2. Satzebene explanative und
prognostische Aussagen
deskriptive Aussagen Normen sowie pragmatische und technische
Regelungen
3. Theorieebene empirische Theorien bestehen aus quantitativen und qualitativen Aussagensystemen, auch Aussagen über Normen und Regelungen. praktische Theorien bestehen aus Regulierungen,
d.h. Systemen von Aussagen und Regelungen.
4. Logikebene

Formale Schlüsse
bezogen auf
Begriffe oder Sätze

wahrheitsdefinite Aussagen- und Prädikatenlogik sowie Modallogiken:
Alethische Modallogik:
Es ist notwendig/unmöglich/möglich/kontingent, dass [...]
Epistemische (doxastische) Logik:
Es wird geglaubt/unmöglich gehalten/denkbar, dass [...]
Zeitlogik:
Es wird immer/war immer/wird einmal/war einmal der Fall
(sein), dass [...]
Deontische Logik (Sein-Sollen):
Es ist geboten/verboten/erlaubt/indifferent, dass [...]
Normenlogik (Tun-Sollen, nicht Sein-Sollen Logik der Imperative, Interrogativlogik,
juristische Logik, Durchführungslogik.
Im Gegensatz zur klassischen Logik sind diese nicht wahrheitsdefinit.
Wirksamkeit und Richtigkeit,
Prima-facie-Eigenschaft von ethischen Normen und politischen Handlungsmaximen.
Normenkonflikte und Normenvermittlung.
5. Argumentationsebene

Argumentationsweisen
wissenschaftlicher
Theorien bzw. logische
Struktur
wissenschaftlicher
Argumentationen

analytische, dialektische, empirische, evolutionäre und hermeneutische Argumentationsweisen praktische Argumentationsweisen
Erklären-Verstehen-Debatte komplementär gedacht praktische, substanzielle Argumentation (Toulmin
Model of Argument),
praktischer Syllogismus und
pragmatischer Syllogismus.
Erklären Verstehen
deduktive, analytische,
schlussregel-gebrauchende,
schlüssige, formal gültige
Argumentationsweisen:
deduktiv-nomologisches
Modell (oder HO-Schema),
evolutionäres
Erklärungsmodell etc.
induktive, substantielle,
schlussregel-begründende,
tentative, formal nicht
gültige, epagogische
Argumentationsweisen:
Hegel’sche Dialektik,
hermeneutische Zirkel als
Spiralbewegung des
Verstehens.
Aristotelische Topik
6. Methodenebene
am Beispiel der
Politikwissenschaft.

Generierung und
Evaluation von
Sachverhalten

empirische Methoden praktische Methoden
quantitative Methoden:
Inhaltsanalyse,
Verfahren der
Datenerhebung
(Befragung),
statistische Verfahren etc.
qualitative Methoden:
Inhaltsanalyse,
Dokumentenanalyse,
teilnehmende Beobachtung,
Diskursanalyse etc.
Argumentieren, Diskurs, Deliberation,
Mediation, Verhandeln,
kategorischer Imperativ,
Evaluation, Implementationsplanung,
Synopse,
Technologiefolgeabschätzung (TA) etc.
Triangulation: Die Anwendung
quantitativer und qualitativer Methoden auf ein Phänomen.
7. Ebene der
methodischen Ansätze

am Beispiel der
Politikwissenschaft.


Generierung und
Evaluation von
Theorien

Ansätze mit empirischen und praktischen Elementen
Stückwerk-Sozialtechnik, synoptischer, praktisch-normativer, kritisch-dialektischer (Frankfurter Schule), empirisch-normativer, argumentativer sowie pragmatischer Ansatz.
empirische Ansätze praktische Ansätze
behavioristischer Ansatz, Rational-Choice-Ansatz, quantitativ-vergleichender Ansatz. kulturalistischeAnsätze: Policy Narratives, Policy Frames, Policy Diskurse.
 
Diskursansatz,
partizipative Policy-Ansatz,
Good Governance Ansatz,
dezisionistischer Ansatz,
normativer Ansatz,
pragmatischer Ansatz,
synoptischer Ansatz und
technischer Ansatz.
funktionalistischer, strukturalistischer, institutioneller sowie historischer Ansatz, Governance-Ansätze, quantitativ und qualitativ vergleichender Ansatz, Akteurszentrierte (Entscheidungsarenen, Netzwerke, Tausch- und Verhandlungssysteme, Regime) Ansätze, Advocacy-Koalitionen-Ansatz.
Dieses Schaubild gibt es auch im PDF-Format: 4. Schaubild: Struktureller Unterschied zwischen empirischen und praktischen Werkzeugtypen, Wissensformen sowie Wissenschaften.

Details siehe 5. Kapitel: Strukturelle Unterschiede: Werkzeugtypen, Wissensformen, Wissenschaftstypen, Wissen versus Können sowie Theorie versus Praxis.

 

Seitenanfang5. Schaubild: Wissen versus Können, Theorie versus Praxis
5.1 Wissen, Theorie oder theoretisches Können

Akteure: Wissenschaftler z.B. Politikwissenschaftler generieren empirisches oder/und praktisches Wissen, Naturwissenschaftler empirisches Wissen, Technikwissenschaften praktisches Wissen.

 

Eigenschaften des Wissens siehe Eigenschaften (Prädikate) wissenschaftlicher Diskurse

Wissensform: Analytisches Wissen in Form von Aussagen. Begriffliche und logische Wahrheiten in Form von nichtempirischen, wahrheitsfähigen Aussagen.
Wissensform:

Empirisches Wissen in Form von natur- oder sozialwissenschaftlichen Aussagen oder Aussagensysteme, auch Aussagen über Normen und Regeln.

Wissenschaftstyp:

Empirische (theoretische) Wissenschaften.

Beispiele: Naturwissenschaften, empirische Sozialwissenschaften.

Beim analytischen und empirischen Wissen handelt es sich auch um propositionales Wissen, weil beide in Aussageform formuliert werden.

Deskriptives Wissen in Form von natur- oder sozialwissenschaftlichen wahrheitsdefiniten Beschreibungen.

Explanatives Wissen in Form von natur- oder sozialwissenschaftlichen wahrheitsdefiniten Erklärungen.
Prognostisches Wissen in Form von natur- oder sozialwissenschaftlichen wahrheitsdefiniten Voraussagen.
Wissensform:

Praktisches Wissen

Wissenschaftstyp:

Praktische (normative, pragmatische und technische) Wissenschaften.

Beispiele: Medizinwissenschaften, Technikwissenschaften, praktische Sozialwissenschaften.

Praktisches Wissen besteht aus drei verschiedenen Komponenten:

Normatives Wissen in Form von Handlungsmaximen und normativen Urteilen, die richtig oder falsch bzw. gerecht oder ungerecht sind, z.B. ärztliche Ethik.
Pragmatisches Wissen in Form von Handlungsstrategien und pragmatischen Urteilen bestehend z.B. aus verschiedenen methodischen Ansätzen eine Krankheit zu heilen. Pragmatische Regeln sind klug oder unklug wünschenswert bzw. unerwünscht.
Technisches Wissen in Form von Handlungsinstrumenten und technischen Urteilen bestehend z.B. aus Methoden, die konkrete technische Regeln enthalten, eine Krankheit zu heilen. Technische Regeln sind effektiv oder uneffektiv.
5.2 Können

Akteure: Praktiker: Bürger, Politiker, Beamte, Verwalter, Unternehmer können politische Entscheidungen bewirken.

Praktische Kompetenz empirisches und praktisches Wissen umzusetzen, etwas machen können z.B. die Kunst des Arztes, Handwerkers, Ingenieurs, Lehrers, Managers, Politikers, Wissenschaftlers auf seinem Gebiet hervorragende Leistungen zu erbringen.

Das Können besteht aus Dispositionen, Kompetenzen, Fertigkeiten, wie man etwas macht. Hier handelt es sich um den Bereich, der unter dem Label implizites, nicht-propositionales Wissen behandelt wird. Es handelt sich nur um einen Teilbereich des Know hows, dem des praktischen Könnens.

5.3 Theorie, Wissen oder theoretisches Können:

Erkenntnis- und Wissenssphäre bzw. gnoseologische Sphäre

Ein Wissenschaftler ist immer ein Theoretiker egal, ob er mit einer empirischen Methodologie empirische Aussagen über die politische Realität trifft oder ob er mit einer praktischen Methodologie auch Normierungen bzw. Regulierungen begründet. Im ersten Fall generiert er empirisches Wissen, im zweiten praktisches Wissen.

Es gibt keine angewandte Wissenschaften, sondern nur praktische Wissenschaften sowie wissenschaftlich ausgebildete Praktiker, die Wissen anwenden, und Wissenschaftler, die Wissen generieren.

5.4 Praxis:

Sphäre des Handelns

Ein Praktiker (Bürger, Politiker, Beamter, Verwalter, Unternehmer) verändert die (politische) Realität, sei es nun, dass er auf wissenschaftlich begründetes empirisches und praktisches Wissen rekurriert und rationale Entscheidungen fällt oder subjektive Bauchentscheidungen trifft.

Theorie und Praxis werden komplementär und nicht hierarchisch gedacht. Auch eine Äquivalenz zwischen beiden, wie im Bacon-Programm üblich, wird abgelehnt.

Details siehe: 5.2 Struktureller Unterschied zwischen verschiedenen Wissensformen sowie 5.4.3 Praktisch-politische (normative, pragmatische und technische) Begriffe und Diskurse.

 

Seitenanfang 6. Schaubild: Empirische (deskriptive, explanative und prognostische) Wissenschaften
6.1 Aufgaben und Ziele empirischer Wissenschaften Beschreibungen, Sachverhalte, gesetzesartige Verallgemeinerungen, Wahrscheinlichkeitsaussagen, Erklärungen und Prognosen zu konstatieren.
Erkenntnis
steht im Vordergrund.
6.2 Gegenstandsbereich empirischer Wissenschaften Der Gegenstandsbereich empirischer Wissenschaften ist inhaltlich nicht beschränkt. Natur- und Geisteswissenschaften gehören zu den empirischen Wissenschaften, d.h., sie können mit einer empirischen Methodologie bearbeitet werden. Hier geht es nur um Faktenfragen, nicht um Geltungsfragen.

Das Praktische und das Empirische sowie Theorie (empirisches und praktisches Wissen) und Praxis (Können) bilden einander ausschließende Gegensätze und nicht das Theoretische und das Empirische. Geistes- und Naturwissenschaften verbindet die Orientierung an der Erfahrung (vgl. 5. Schaubild).

6.3 Wissensform Empirisches (deskriptives, explanatives und prognostisches) Wissen.
6.4 Grenzen empirischer Wissenschaften oder Grenzen empirischer Werkzeuge
(Begriffe, Sätze, Theorien, Logiken, Argumentationsweisen, Methoden und methodische Ansätze).
Siehe Aufgaben und Grenzen wissenschaftlicher Diskurse (2. Schaubild).
6.5 Kriterien empirischer Wissenschaften Siehe Kriterien wissenschaftlicher Diskurse. Rationalitätspostulate: Methodologische (argumentative, logische, methodische und sprachliche) Präzision (2. Schaubild).
6.6 Eigenschaften empirischer Wissenschaften In der Regel wahrheitsdefinite (entweder wahre oder falsche) Aussagen oder Aussagensysteme.
6.7 Begriffsebene empirischer Wissenschaften Empirische Theorien verwenden sowohl quantitative bzw. metrische als auch qualitative bzw. klassifikatorische Begriffe.
6.8 Satzebene empirischer Wissenschaften Empirische Theorien enthalten deskriptive, explanative und prognostische Aussagen.
6.9 Theorieebene empirischer Wissenschaften Empirische Theorien bestehen aus Aussagensystemen, auch Aussagen über Normen und Regeln.
6.10 Logikebene empirischer Wissenschaften Wahrheitsdefinite Aussagen- und Prädikatenlogik sowie Modallogiken. Formale Schlüsse bezogen auf empirische Begriffe und Sätze, in diesem Fall auf Aussagen.
6.11 Argumentationsebene empirischer Wissenschaften

Argumentationsweisen bzw. logische Struktur empirischer Theorien

 

A. Empirische und praktische Argumentationsweisen
  1. Argumentationsmodell  von Toulmin (Toulmin Model of Argument)
  2. Argument Maps

B. Empirische Argumentationsweisen

  1. Deduktive, analytische, schlussregel-gebrauchende, schlüssige, formal gültige Argumentationsweisen;
    Beispiele:
    Deduktiv-nomologisches Modell (HO-Schema), evolutionäres Erklärungsmodell.
  2. Induktive, substantielle, schlussregel-begründende, tentative, formal nicht gültige Argumentationsweisen;
    Beispiele:
    Hegelsche Dialektik, hermeneutische Zirkel als Spiralbewegung des Verstehens, Argumentationsmodell  von Toulmin, Argument maps.
Details siehe: 5.4.1 Empirische (deskriptive, explanatorische und prognostische) Wissenschaften.

 

Seitenanfang 7. Schaubild: Praktische (normative, pragmatische und technische) Wissenschaften
7.1 Aufgaben und Ziele praktischer Wissenschaften

 

Praktische (normative, pragmatische und technische) Wissenschaften ermöglichen sowohl Regulierungsvorschläge als auch Fragen danach, was zu tun sei, zu erörtern, zu begründen und zu beurteilen. Praktische Vernunft als handlungsleitende Vernunft soll allgemeinverbindliche Normen ermöglichen, begründen und rechtfertigen. Die Normen sollen auch auf individuelle, konkrete Situationen angewandt werden, der Handelnde soll zu seinem Verhalten motiviert werden. Weiterhin müssen Ordnungen gestaltet werden, die ein Miteinander ermöglichen.
7.2 Gegenstandsbereich praktischer Wissenschaften Hier geht es nicht um Faktenfragen, sondern um Geltungsfragen, d.h. Normierungen und Regulierungen stehen im Fokus der Untersuchungen.
7.3 Wissensform Praktisches (normatives, pragmatisches und technisches) Wissen.
7.4 Grenzen praktischer Wissenschaften oder Grenzen praktischer Werkzeuge
(Begriffe, Sätze, Theorien, Logiken, Argumentationsweisen, Methoden und methodische Ansätze)

 

siehe Grenzen wissenschaftlicher Diskurse  (2. Schaubild)

Die Grenzen der theoretischen Vernunft sind gleichzeitig auch Grenzen der praktischen Vernunft, weil die Ergebnisse der theoretischen Wissenschaften bei der Erstellung von praktischen Theorien (Normierungen bzw. Regulierungen) berücksichtigt werden müssen, da in vielen Normierungen auf den Stand von Wissenschaft und Forschung ausdrücklich Bezug genommen wird.

Normenkonflikte und Normenvermittlung.

Die praktische Vernunft kann also prinzipiell keine definitive Antwort geben, was zu tun ist. Wenn prinzipielle Lösungen nicht möglich sind, dann bleibt es nur bei Annäherungen oder verschiedenen Alternativen. Handeln verlangt aber eine definitive Antwort, diese wird nun in Form einer Entscheidung bzw. durch konkretes Handeln vorgenommen, wobei Nicht-Entscheiden bzw. Nicht-Handeln auch eine Entscheidung bzw. Handeln ist.

Das Feld muss nun meiner Meinung nach nicht einem willkürlichen Dezisionismus überlassen werden. Die Rationalität kann uns hier entscheidend weiterhelfen, dadurch dass sie uns rationale Entscheidungsregeln zur Verfügung stellt, z.B. die vielen demokratischen Entscheidungsverfahren. Entscheidungssysteme können die oben genannten Defizite (Grenzen der praktischen Vernunft) nicht aufheben, sondern sie liefern ein zusätzliches rationales Begründungsverfahren, da mehrere Alternativen zur Auswahl stehen. Vor allem werden damit für alle verbindliche Regeln geschaffen und es wird eine Haftung für die Folgen übernommen.

7.5 Kriterien praktischer Wissenschaften Siehe Kriterien wissenschaftlicher Diskurse. Rationalitätspostulate: Methodologische (argumentative, logische, methodische und sprachliche) Präzision  (2. Schaubild).

7.6 Eigenschaften praktischer Wissenschaften

Im Gegensatz zur klassischen Logik sind Normen bzw. Regeln sowie Normierungen bzw. Regulierungen nicht wahrheitsfähig. Regulierungen sind richtig oder falsch, sofern es sich um Handlungsmaximen handelt. Handlungsstrategien, Handlungsinstrumente und Handlungsanweisungen sind effektiv (wirksam) oder uneffektiv (unwirksam).
7.7 Begriffsebene praktischer Wissenschaften Praktische Theorien verwenden praktische (normative, pragmatische und technische) Begriffe.
7.8 Satzebene praktischer Wissenschaften Praktische Theorien enthalten ethisch-moralische Normen (Handlungsmaximen), pragmatische und technische Regeln (Handlungsstrategien), Normierungs- und Regulierungssysteme (Handlungsinstrumente) und praktische Urteile (Handlungsanweisungen).
7.9 Theorieebene praktischer Wissenschaften Praktische Theorien bestehen aus Normierungen bzw. Regulierungen, d.h. Systemen von Aussagen und Regeln. Es handelt sich dabei um präskriptive, nachprüfbare und begründungsfähige praktische (normative, pragmatische und technische) Theorien, keine Aussagen über Normen.
7.10 Logikebene praktischer Wissenschaften

Formale Schlüsse bezogen auf praktische Begriffe und Sätze, in diesem Fall auf Normen pragmatische oder technische Regeln

Normenlogik (Tun-Sollen, nicht Sein-Sollen).

Juristische Logik.

Durchführungslogik: effektiv oder uneffektiv.

Pragmatische und technische Regeln und ihre formalen Beziehungen können nicht mit der Aussagen- und Modallogik wiedergegeben werden, sondern bedürfen einer Durchführungslogik aufgrund der logischen Struktur des technischen Wissens. Das technische Wissen hat damit einen Sui-generis-Charakter und Technikwissenschaften sind keine angewandte Naturwissenschaft.

7.11 Argumentationsebene praktischer Wissenschaften

Argumentationsweisen bzw. logische Struktur praktischer Theorien

A. Empirische und praktische Argumentationsweisen:

  1. Argumentationsmodell von Toulmin (Toulmin Model of Argument),
  2. Argument Maps.

B. Praktische Argumentationsweisen

  1. Praktischer Syllogismus
  2. Intentionalistischer Syllogismus
  3. Pragmatischer Syllogismus
Details siehe: 5.4.2 Praktische (normative, pragmatische und technische) Wissenschaften sowie 5.4.3 Praktisch-politische (normative, pragmatische und technische) Begriffe und Diskurse.

Startseite Inhaltsverzeichnis Schaubilder 1. Einleitung 2. Grundlagen 3. Ebenen

4. Pluralismus 5. Unterschiede 6. Zusammenfassung 7. Ausblick 8. Literaturverzeichnis

Copyright: Johann Lauer Impressum Pfeil-Rechts Haftungsausschluss Projekt: praktische-wissenschaften.de
Quelle:
praktische-wissenschaften.de/schaubilder-pw.htm

Jegliche Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, bedarf der Zustimmung des Autors.
No part of this publication may be reproduced or transmitted without permission from the author.
Seitenanfang